Die
wärmenden Strahlen der Frühlingssonne haben dafür gesorgt, dass
die
Natur nach dem langen und kalten Winter wieder zum Leben
erwacht.
An den Bäumen und Sträuchern in den Gärten, auf den Feldern und
in den Wäldern sind die ersten Knospen zu sehen. Auf den Wiesen
sprießen saftige grüne Grashalme aus der Erde. Früh blühende
Blumen wie die Narzissen, die Krokusse und die Primeln leuchten
in der Sonne in gelben, weißen, blauen und violetten Farben.
Fasziniert beobachten CAROLINE und MARTIN, wie die ersten Vögel
damit beginnen, ihre Nester zu bauen.
"Es ist einfach herrlich!", ruft CAROLINE, während sie mit
MARTIN im Sonnenschein über die Wiese läuft. "Und bald ist
Ostern. Das ist noch viel, viel schöner!"
Zahlreiche Tiere wie der Hamster, das Wiesel, die Feldmaus, der
Igel und das Murmeltier haben inzwischen ihren Winterschlaf
unter der Erde beendet und stillen nach der langen Zeit des
Fastens ihren Hunger und ihren Durst endlich wieder im Freien.
Auch CAROLINE und MARTIN genießen den Frühlingsanfang sichtlich
und sind sehr, sehr froh darüber, wieder draußen herumtoben und
spielen zu können.
Die beiden Kinder erreichen eine Hecke, die von einigen Bäumen
gesäumt wird.
Da hören sie plötzlich aus der Hecke heraus eine zornige Stimme,
die lautstark schimpft.
"Es darf nicht wahr sein!", sagt das unbekannte Wesen. "Dieses
Muster ist ja gründlich misslungen. Und die blöden Farben
verlaufen mir schon wieder. Sieht einfach fürchterlich aus!" Die
beiden Kinder hören ein lautes
Stöhnen. "In diesem Jahr geht wirklich alles schief!"
CAROLINE und MARTIN sehen sich erstaunt an.
"Wer schimpft denn da in der Hecke?", fragt CAROLINE flüsternd.
"Die Stimme klingt so komisch. Als wäre es kein Mensch, sondern
ein Tier..."
CAROLINE und MARTIN gehen in die Hocke und beratschlagen ihr
weiteres Vorgehen. "Wenn wir ganz leise sind, können wir uns
noch ein bisschen näher heranschleichen", sagt CAROLINE. "Dann
sehen wir vielleicht, wer da in der Hecke hockt und sich über
seine blöden Farben beschwert."
MARTIN nickt. "Aber wir müssen sehr, sehr vorsichtig sein!"
Während sich die beiden Kinder dem unbekannten Wesen mit der
merkwürdigen
Stimme nähern, hören sie einen empörten Aufschrei aus der Hecke:
"O nein! Jetzt ist das Ei auch noch heruntergefallen! So
ungeschickt kann man sich doch gar nicht anstellen!"
CAROLINE und MARTIN halten inne.
Dann fährt der Unbekannte fort: "Wenn das so weitergeht, werde
ich niemals rechtzeitig fertig! Niemals!" Vorsichtig schieben
CAROLINE und MARTIN einige Zweige zur Seite und kriechen auf
Knien in die Hecke.
Nach wenigen Metern lichtet sich die Hecke mit einem Mal und
CAROLINE und MARTIN können eine freie Stelle erkennen, auf der
mit dem Rücken zu ihnen ein großer, kräftiger Hase mit langen
Schlappohren hockt.
Rechts und links von ihm stehen einige geflochtene Weidenkörbe.
Auf dem Boden rund um den Hasen erkennen CAROLINE und MARTIN
zahlreiche Farbtöpfe. Der Hase legt gerade ein Ei, an dem er
gearbeitet hat, enttäuscht zur Seite.
"Das kann ich vergessen!", sagt der Hase traurig. "Na ja, was
soll es. Viel schlimmer kann es sowieso nicht mehr werden."
Behutsam nimmt er ein neues weißes Hühnerei aus einem der
Weidenkörbe. "Welche Farbe könnte ich denn für den Untergrund
nehmen?", fragt sich der Hase.
"Ein helles Gelb, ein dunkles Grün oder vielleicht ein
leuchtendes Blau?" Er
zögert. "Hmm, ich weiß nicht so recht..."
"Wie
wäre es denn mit einem kräftigen Rot?", schlägt CAROLINE vor.
"Das sieht bestimmt gut aus!"
Der Hase spitzt seine langen Ohren. Dann dreht er sich langsam
zu den beiden Kindern um.
"Hallo, lieber Hase!", ruft ihm CAROLINE zu.
"Keine Angst! Wir tun dir ganz bestimmt nichts."
Der Hase braucht eine Weile, um sich von seinem Schrecken zu
erholen.
"Das ist MARTIN", sagt CAROLINE. "Und ich heiße CAROLINE." Sie
lächelt ihm freundlich zu. "Hast du auch einen Namen?"
"Natürlich!", antwortet der Hase. "Ich bin Olli, der Osterhase."
MARTIN deutet auf die Weidenkörbe mit den weißen Hühnereiern.
"Du hast ja noch eine Menge Arbeit vor dir."
Olli winkt traurig ab. "Das sind noch nicht mal alle", seufzt
er. "In Kürze muss ich auf dem Bauernhof noch einen Korb Eier
abholen." Er schüttelt den Kopf. "In diesem Jahr geht wirklich
alles schief."
"Ich
habe erst ein paar richtige Ostereier geschaffen", fährt Olli
fort. "Und zu allem
Überfluss sind mir noch zwei heruntergefallen, weil ich so
nervös bin."
"Hast du mit deiner Arbeit zu spät angefangen?", fragt CAROLINE.
"Leider ja", antwortet der Osterhase. "Die Hennen des
Bauernhofes konnten mir nicht
rechtzeitig genügend Eier geben. Wenn nicht noch ein Wunder
geschieht, werde ich es nicht bis Ostern schaffen."
"Mach dir mal keine Sorgen, Olli", sagt CAROLINE. "Wir sind ja
schließlich auch
noch da."
Der Osterhase wirft ihr einen verwunderten Blick zu.
"Du gehst jetzt am besten zu dem Hof, um die restlichen Eier
abzuholen",
erklärt CAROLINE. "Und MARTIN und ich werden in der Zwischenzeit
einige Eier
bemalen."
"Könnt ihr das denn?", fragt Olli zweifelnd.
"Wir werden uns große Mühe geben", verspricht CAROLINE.
Nachdem der Osterhase CAROLINE und MARTIN die verschiedenen
Farbtöpfe und
Pinsel gezeigt hat und nachdem er ihnen erklärt hat, wie sie am
besten die Eier
bemalen, verabschiedet er sich von den beiden Kindern.
"Viel Glück!", ruft Olli. "Wenn alles klappt, werde ich gegen
Mittag wieder zurück sein."
Er schnallt sich einen leeren Weidenkorb auf den Rücken.
CAROLINE und MARTIN winken ihm zum Abschied zu.
"Alles Gute, Olli!", sagt CAROLINE. "Du kannst dich auf uns
verlassen."
Der Osterhase kriecht aus der Hecke. Nachdem er sich nach allen
Seiten umgesehen hat und feststellen konnte, dass die Luft rein
ist, macht er sich auf den Weg zu dem Bauernhof.
Mit
erstaunlicher Geschwindigkeit hoppelt Olli über die Felder. War
er vor kurzem noch verzweifelt wegen all der Schwierigkeiten,
die ihm in diesem Jahr zu schaffen machen, ist er dank der
Unterstützung von CAROLINE und
MARTIN nun wieder zuversichtlicher.
Nach einer Weile erreicht Olli schließlich eine Anhöhe, von der
aus er einen ausgezeichneten Überblick über die sich unter ihm
ausbreitende Landschaft hat.
Im Tal erstrecken sich saftige grüne Wiesen und ausgedehnte
Getreidefelder. Neben ihnen erkennt der Osterhase das Ziel
seines Ausflugs.
Zufrieden schaut Olli auf den großen Bauernhof mit seinen
verschiedenen
Gebäuden, mit dem Bauernhaus, mit den Ställen für die Rinder,
Schweine und Hühner und mit den Scheunen, in denen das
Viehfutter gelagert wird. Nicht weit davon entfernt schlängelt
sich ein ruhig fließender Bach durch die Wiese.
"Vielleicht wird ja doch noch alles gut", seufzt der Osterhase.
Dann hoppelt er den Hang hinunter, direkt auf den Bauernhof zu.
Zu
dieser Zeit sind die Menschen, die auf dem großen Bauernhof
leben, glücklicherweise draußen auf den Feldern bei der Arbeit,
sodass der Osterhase
unbemerkt zu dem Hühnerstall gelangt. Olli schnallt sich den
leeren Weidenkorb vom
Rücken. Dann schiebt er ein Brett an der hinteren Wand des
Stalles vorsichtig zur Seite und kriecht hinein.
Als ihn eine der Hennen erblickt, gackert sie aufgeregt: "Bitte,
nicht wieder schimpfen, Olli! Wir sind doch selbst sehr, sehr
traurig, dass wir dir nicht rechtzeitig genügend Eier geben
konnten. Aber leider hat der Bauer in der letzten Zeit so
furchtbar viele Eier für sich und seine große Familie gebraucht.
Das konnten wir beim besten Willen nicht ahnen." Die anderen
Hennen nicken zustimmend. "Bitte, nicht wieder schimpfen!",
gackern sie.
Während der Osterhase auf dem Weg zu dem Bauernhof ist, um bei
den Hennen die noch benötigten Eier abzuholen, haben sich
CAROLINE und MARTIN auf dem freien Platz der Hecke ins Gras
gesetzt. "Olli hat gesagt, dass Anfänger wie wir am besten
zunächst mit Eierbechern arbeiten", sagt CAROLINE.
MARTIN nickt. "Wenn wir die Eier aufrecht in die hohen
Holzbecher stellen, haben wir beim Bemalen die Hände frei. Und
außerdem kleckern wir uns nicht die Finger mit Farbe voll."
Sie nehmen aus einem der Körbe die Eierbecher heraus und stellen
sie vor sich auf
den Boden.
CAROLINE und MARTIN bemalen anschließend jeweils die oberen
Hälften der Hühnereier. Als Farben für den Untergrund der
Ostereier stehen ihnen die verschiedensten Töne zur Verfügung.
"Olli hat wirklich eine große Auswahl", sagt CAROLINE und deutet
auf die vielen Töpfe, in denen sich gelbe, grüne, blaue, rote,
braune, violette, weiße und schwarze Farbe befindet.
Der
Osterhase, dessen Laune sich seit dem unerwarteten
Zusammentreffen mit CAROLINE und MARTIN sichtlich gebessert hat,
wirft den Hennen einen freundlichen Blick zu.
"Kein Grund zur Aufregung!", beruhigt Olli sie. "Wenn alles gut
geht, werde ich wahrscheinlich doch noch rechtzeitig bis zum
Osterfest fertig."
Die Hennen sehen ihn erstaunt an.
"Willst du Tag und Nacht im Akkord arbeiten?", fragt eine von
ihnen.
Der Osterhase schüttelt den Kopf. "Erstens geht das gar nicht,
weil ich im Dunkeln nicht malen kann. Und zweitens wird es auch
gar nicht nötig sein, weil ich nämlich zwei sehr nette Kinder
kennen gelernt habe, die mir freundlicherweise helfen. Zu dritt
müsste die Arbeit zu schaffen sein."
Olli stellt seinen Korb auf den Boden. "Aber wir dürfen jetzt
keine Zeit mehr verlieren",
sagt er. "Habt ihr noch einige Eier für mich?" Stolz zeigen ihm
die Hennen die
wohlgeformten Eier, die im Stroh liegen. "Bediene dich nur!",
gackert eine Henne.
"Die sind alle für dich." Nachdem Olli seinen Korb gefüllt hat,
bedankt er sich bei den Hennen und macht sich auf den Rückweg.